Köln im Notstand: Obdachlose kämpfen gegen Verwahrlosung und Drogenelend
Erfahren Sie, wie Obdachlose in Köln die Debatte über Verwahrlosung, Drogenproblematik und Wohnungsnot wahrnehmen.

Köln im Notstand: Obdachlose kämpfen gegen Verwahrlosung und Drogenelend
Die Diskussion um die Obdachlosigkeit und die sich zuspitzende Drogenproblematik in Köln gewinnt zunehmend an Fahrt. Besondere Aufmerksamkeit erhält die Debatte, als Oberbürgermeisterin Henriette Reker 2024 eine wachsende Verwahrlosung in der Stadt anprangerte. „Das ist ein gesamtgesellschaftliches Problem“, stellte sie fest und betonte, dass oft ihre Rolle in dieser Thematik überschätzt wird. Die Fakten sprechen eine klare Sprache: Die Zahl der Obdachlosen hat sich in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt – von knapp über 3.000 im Jahr 2010 auf über 7.000 im Jahr 2020. Besonders betroffen sind Migranten, da jeder zweite erfasste Obdachlose in NRW eine nichtdeutsche Staatsangehörigkeit hat, wie verliebtinkoeln.com berichtet.
„Wir dürfen die Realität nicht länger ignorieren“, so Leo Büchner, der nach dem Verlust seiner Wohnung in einer Notschlafstelle untergebracht wurde. Knapp zwei Tage später wurde er bestohlen und musste in ein Obdachlosenhotel umziehen, wo er mit zwei anderen Personen einen Raum teilt. Für ihn ist die Sichtbarkeit von Obdachlosigkeit und Drogenelend in Köln inzwischen Alltag.
Sozialdezernent Harald Rau hat bereits auf die verstärkten Hilfsangebote reagiert und plant die Eröffnung dreier neuer Suchthilfezentren. Die Kölner Verkehrsbetriebe hingegen kündigen restriktive Maßnahmen gegen das nächtliche Lagern in U-Bahn-Haltestellen an. Die Kölner CDU fordert gar die Räumung von Obdachlosenplätzen wie dem Neumarkt. Doch dieser Ansatz stößt auf Widerstand: Büchner zeigt Verständnis für die Sorgen der Anwohner, sieht jedoch eine Vertreibung nicht als Lösung an – schließlich gibt es genug leerstehende Wohnungen in Köln.
Kritik von Betroffenen
Eine andere Stimme ist die von Kim, die nach einem Jahr auf der Straße nun eine Wohnung hat. Sie beschreibt die U-Bahn-Haltestellen als Rückzugsorte für viele Obdachlose und äußert den dringenden Wunsch nach mehr psychologischer Unterstützung sowie einem Umdenken in der Wohnungspolitik. Michael, ein 49-Jähriger, lebt seit fast drei Jahrzehnten auf der Straße und hat beobachtet, wie die Stimmung in der Stadt aggressiver wird. „Die neuen Drogen wie Crack und Fentanyl machen die Situation noch schlimmer“, berichtet er und fordert dringend bessere Alternativen sowie Aufenthaltsräume für Drogenabhängige.
Die gesundheitlichen Aspekte von Obdachlosigkeit stehen im Mittelpunkt einer umfassenden Diskussion. Laut einem Teilbericht des Europäischen Parlaments sind obdachlose Menschen oft in eine intensive Form sozialer Ausgrenzung eingebunden, was zu erhöhten gesundheitlichen Risiken führt. Oft stehen sie vor enormen Herausforderungen beim Zugang zu sozialen Diensten. Der Zusammenhang zwischen Drogenkonsum und Obdachlosigkeit ist komplex und erfordert einen ganzheitlichen Ansatz, um effektive Hilfen bereitzustellen.
Aufruf zur Aktion
Die Situation ist bedrohlich, und die betroffenen Stimmen verlangen mehr als bloße Symbolpolitik. Als Zeichen des Wandels wird er am 10. Oktober ein sozialer Stadtrundgang mit Kim organisiert, bei dem Bürger und Interessierte die Möglichkeit haben, die Realität der Obdachlosigkeit in Köln aus erster Hand zu erfahren. Anmeldungen sind unter tour@draussenseiter-koeln.de möglich. Dabei wird klar: Um die Herausforderungen im Umgang mit Obdachlosigkeit und Sucht anzugehen, bedarf es nicht nur einer politischen Neuausrichtung, sondern auch Ihrer Stimmen und Ihres Engagements für eine solidarische Stadt.