Kölner Straßenumbenennung: Stimme jetzt über das koloniale Erbe ab!

In Köln-Ehrenfeld finden bis 14. Juni Abstimmungen zur Umbenennung von Straßen statt, die koloniale Vergangenheit aufarbeiten.
In Köln-Ehrenfeld finden bis 14. Juni Abstimmungen zur Umbenennung von Straßen statt, die koloniale Vergangenheit aufarbeiten. (Symbolbild/MK)

Ehrenfeld, Deutschland - In Köln-Ehrenfeld wird demnächst Geschichte neu geschrieben. Die Gravenreuth- und Wißmannstraße sollen umbenannt werden, und die Bevölkerung hat die Möglichkeit, bei der Wahl neuer Straßennamen mitzubestimmen. Hintergrund dieser Umbenennung ist ein Gutachten, das von der Stadt in Auftrag gegeben wurde und die „extensive koloniale Gewalt“ der beiden Namensgeber Karl von Gravenreuth und Hermann von Wißmann beleuchtet. Beide waren im 19. Jahrhundert in „Deutsch-Ostafrika“ aktiv und haben erhebliches Leid über die dortige Bevölkerung gebracht, wie ksta.de berichtet.

Die Anwohner haben bei einer Öffentlichkeitsbeteiligung im vergangenen Jahr mehrheitlich für die Umbenennung gestimmt. Der Arbeitskreis der Ehrenfelder Bezirksvertreter hat herausragende Vorschläge erarbeitet. Ab heute bis zum 14. Juni können die Kölner Bürger auf dem städtischen Beteiligungsportal „meinungfuer.koeln“ abstimmen.

Vorschläge für neue Straßennamen

Für die Gravenreuthstraße stehen folgende Namen zur Wahl:

  • Albert Richter – Radrennfahrer, ermordet von der Gestapo
  • Moritz Spiro – Opfer der Pogromnacht
  • Friederike Greven – Widerstandskämpferin
  • Cilly Servé – Widerstandskämpferin
  • Klara Caro – Gründerin des Jüdischen Frauenbundes
  • Mevlüde Genc – Überlebende des Brandanschlags von Solingen

Die Vorschläge für die Wißmannstraße umfassen:

  • Theodor Wonja Michael – Zeitzeuge des Nationalsozialismus
  • Mohammed Husen – Kindersoldat und Opfer des NS-Regimes
  • Manga-Bell – König von Kamerun, hingerichtet wegen Widerstands
  • Fasia Jansen – Politische Liedermacherin
  • Audre Lorde – US-amerikanische Schriftstellerin und Aktivistin
  • Kenny Clarke – Be-Bop-Schlagzeuger mit Verbindung zum Jazz-Club „Loft“

Ein Schritt zur Aufarbeitung kolonialer Vergangenheit

Die Umbenennung ist Teil eines umfassenden Projekts zur Aufarbeitung von Kölns kolonialem Erbe, das seit 2021 in vollem Gange ist. Neben den beiden Straßen werden weitere 1.200 Straßennamen in Köln auf ihre kolonialen oder nationalsozialistischen Bezüge überprüft, wie wdr.de darstellt. So finden sich auch die Lerschstraße und weitere Straßen in der Kritik.

Ein Blick auf ähnliche Debatten in anderen Ländern zeigt, dass der Umgang mit kolonialem Erbe nicht nur Deutschland beschäftigt. In Großbritannien führte die Beseitigung von Statuen, wie die des Sklavenhändlers Edward Colston, zu intensiven Diskussionen über Rassismus und Geschichtsbewusstsein. Anti-Rassismus-Aktivisten fordern hier ebenfalls die Neubewertung von Denkmälern und Straßennamen. Die gesellschaftliche Sensibilisierung für das Thema ist entsprechend gewachsen, so berichtet deutschlandfunk.de.

Die Abstimmung zur Umbenennung gibt den Kölnern nicht nur eine Stimme in der Straßenpolitik, sondern setzt auch ein wichtiges Zeichen für ein verantwortungsvolleres historisches Bewusstsein in der Stadt. Es bleibt spannend, welche neuen Namen letztlich die Zustimmung der Bürger finden werden und welche Impulse dies für die Diskussion über koloniales Erbe in Köln und darüber hinaus geben wird.

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Ort Ehrenfeld, Deutschland
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