Schönbergs Meisterwerk: Mahnung an die Grauen des Holocaust in Köln

Köln, Deutschland - In Köln wird ein ganz besonderes musikalisches Ereignis gefeiert: Arnold Schönbergs Melodram „Ein Überlebender aus Warschau“ wird unter der Leitung von Andrés Orozco-Estrada mit dem Gürzenich-Orchester zur Aufführung gebracht. Diese Uraufführung des Werkes, das bereits als eines der eindringlichsten Stücke zur Auseinandersetzung mit dem Holocaust gilt, geht tief unter die Haut und findet prominente Anerkennung. Laut Concerti wird das geschichtsträchtige Stück von Dominique Horwitz als Sprecher begleitet.
„Ein Überlebender aus Warschau“, 1947 komponiert, thematisiert die schreckliche Szene des Warschauer Ghettos und die brutalen Selektionen, denen viele Juden ausgesetzt waren. In etwa sieben Minuten schildert Schönberg die grausamen Umstände, die zu den Morden führten. Die Uraufführung fand am 4. November 1948 in Albuquerque, New Mexico, statt und war geprägt von einem großen Erfolg. „Es ist ein künstlerisches Manifest, das die Schrecken des Holocaust nicht nur thematisiert, sondern auch als Mahnung für zukünftige Generationen dient“, so die Einschätzung von Luigi Nono, der das Werk als „ästhetisches musikalisches Manifest unserer Epoche“ bezeichnete.
Die Bedeutung des Werkes
Das Werk erreicht seinen emotionalen Höhepunkt im Finale, als das jüdische Glaubensbekenntnis „Shema Jisrael“ von den Gefangenen im Angesicht des Todes angestimmt wird. Laut Wikipedia ist das Stück mit einer Vielzahl musikalischer und sprachlicher Elemente angereichert und reflektiert die Brutalität, die die nationalsozialistischen Besatzer über die Bevölkerung brachten. Schönberg schuf das Werk ursprünglich unter dem Eindruck der Gräueltaten, die er selbst erlebte, und die er tief in seiner künstlerischen Identität verarbeitete.
Die Besetzung des Werkes umfasst nicht nur ein Streichorchester, sondern auch einen Männerchor und verschiedene Bläserensemble. Eine spannende Facette ist, dass Schönberg die Komposition auf einer einzigen Zwölftonreihe basierte und das Werk in drei Teile gliedert – Einleitung, Erzählung und Schlusschor.
Schönbergs Weg zur Komposition
Arnold Schönberg wurde 1874 im jüdischen Wien geboren und wuchs im orthodoxen Gemeindeviertel Leopoldstadt auf. Doch sein Verhältnis zum Judentum war komplex; seine Erziehung war stark von der populären Musik Wiens geprägt und nicht unbedingt von religiösen Traditionen. Seine Erfahrungen mit Antisemitismus und die traumatischen Erlebnisse des ersten Weltkriegs führten dazu, dass er seine jüdischen Wurzeln in seinen späteren Werken stärker thematisierte. Da er selbst ein Kind solch brutaler Geschehnisse war, wurde die Auseinandersetzung in seinen späteren Kompositionen umso relevanter.
1913 konvertierte Schönberg zum Protestantismus, nur um 1933, kurz vor seiner Emigration in die USA, zu seinem Judentum zurückzukehren. Was ihm als Ausdruck seiner Identität diente, stellte sich als tiefgreifende Quelle seiner Kreativität heraus. „Ein Überlebender aus Warschau“ ist daher nicht nur ein musikalisches Werk, sondern auch ein erschütterndes Zeugnis seiner Lebensgeschichte, das sich mit Verlust und Erinnerung auseinandersetzt.
Andrés Orozco-Estrada, der in der kommenden Saison als Gürzenich-Kapellmeister nach Köln kommt, hat mit seiner unterhaltsamen Richtung zahlreiche Erfolge gefeiert. Diesmal wird er sein gutes Händchen in der Interpretation von Schönbergs komplexem und aufrüttelndem Werk unter Beweis stellen.
Dass sich die Kölner mit einem solchen historischen Stück auseinandersetzen, bereichert nicht nur das kulturelle Leben der Stadt, sondern bietet auch die Möglichkeit, die Mahnung an das Vergessen nicht nur in den Ohren, sondern auch im Herzen zu verankern. Schönbergs Werk stellt eine unverzichtbare Verbindung zur Geschichte dar und wird auch heute noch oft in den Lehrplänen behandelt.
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Ort | Köln, Deutschland |
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